Vom Nice to have zum Must-Have

Warum nachhaltige Investments künftig wichtiger werden
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Text: Mareike Scheffer, 07.08.2020

Es gibt eine Branche, die unter Veränderungsdruck durch den Klimawandel steht, obwohl es auf den ersten Blick nicht ersichtlich scheint. Es geht um die Finanzbranche, die sich zunehmend die Nachfrage der Kunden spürt, Geld nachhaltig anlegen zu wollen. Die Chancen die sich durch die Macht des Geldes ergeben sind enorm. Davon ist etwa der Fondsmanager Sasja Beslik überzeugt. Er sieht die junge Generation der Millennials in der Pflicht.

Nachhaltige Investments sind nicht mehr nur „nice to have“ sondern werden zunehmend zu einem „must have“ in der Investmentstrategie vieler instiutioneller Investoren und Hedge-Fonds. Das geht aus einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hervor. Demnach orientieren sich große Investmentfirmen nicht mehr ausschließlich an der absoluten Wertsteigerung einer Geldanlage. Zunehmend wichtiger würden Investmentstrategien, die gewinnbringend sowie gleichermaßen sozial- und umweltverträglich seien, beschreibt es Anthony Cowell, Partner und Leiter des Asset Management von KPMG in seiner Analyse.

Von diesem Wandel ist auch Sasja Beslik überzeugt. Beslik ist Finanzexperte und arbeitet seit dem vergangenen Jahr bei der Privatbank J. Safra Sarasin in der Schweiz. Der Schwede ist dort Leiter für die Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte (Sustainable Finance Development). Darüber hinaus gilt er als Finanzexperte, der das Themen Nachhaltigkeit und Nachhaltige Investments in der Gesellschaft bekannter machen will. Dafür pusht er das Thema über seine Social Media Kanäle. Denn die Worte Geld und Einfluss verbindet der in Bosnien geborene Beslik gleichermaßen mit Verantwortung. Das sei auch der Grund für sein Engagement im Bereich Social Media, sagt er.

ESG Sasja_Beslik Experte Nachhaltige Envestment© Oskar Lind
Der Finanzexperte Sasja Beslik pusht das Thema Nachhaltigkeit und Nachhaltige Investments in der Gesellschaft, denn er verbindet Geld und Einfluss gleichermaßen mit Verantwortung.

Bekannt ist Beslik, der als 18-jähriger den Ausbruch des Bosnien Krieges erlebte und später nach Schweden flüchtete, auch für seine – im Finanzsektor ungewöhnlich – sozialkritischen Analysen, in denen er die Nachhaltigkeit von Weltkonzernen, wie etwa dem Modehersteller H&M, unter die Lupe nimmt. In einer seiner neuesten Bewertungen rechnet er vor, dass der H&M-Vorstand Steffan Persson in nur vier Tagen das Lebenseinkommen eines Textilarbeiters in Bangladesh verdient. Solche Thesen sorgen für Aufmerksamkeit, weil sie den Finger in die Wunde des Systems legen.

MIllenials als Anleger im Fokus

Beslik spricht mit seiner einfachen Sprache vor allem die Generation der Millenials an, die für ihn die Investoren von morgen sind. Dabei hat sich der 47-jährige mit dem Thema beschäftigt als viele seiner Zielgruppe noch in den Kinderschuhen steckten. Ersten Kontakt hatte er mit dem Thema im Jahr 2000, sagt er, als sich die meisten Finanzmanager noch mit dem Neuen Markt und dem Platzen der „Dotcom“-Blase beschäftigten. Und als das Thema nachhaltige Geldanlage noch etwas für Idealisten zu sein schien.

Davon scheint Beslik trotz seines Engagements weit entfernt und doch glaubt er, einen Wandel in der Branche zu beobachten. „Ich mache das schon eine ganze Weile und ich sehe die Finanzbranche als einen Sektor, der große Veränderungen in Bezug auf den Klimawandel bringen kann“, erklärt er. Schließlich müsse Geld angelegt, also investiert, werden. Der Punkt Nachhaltigkeit bei der Analageentscheidung von Investmentfirmen werde wegen der Nachfrage der Kunden wichtiger. Damit fließe mehr Geld in nachhaltig wirtschaftende Firmen und unterstütze deren Entwicklung. Deshalb sieht er den Finanzsektor in einer Schlüsselposition, wenn es um den Klimawandel geht.

Beslik sieht aber auch Chancen in einer mehr und mehr globalisierten Finanzwelt und untermauert seine Ansicht mit folgendem Beispiel: Wenn sich Investoren vom Kohlesektor nach für nach abwenden, dann müssen Unternehmen für Finanzierungen mehr zahlen oder bekommen sogar Finanzierungsprobleme auf dem Kapitalmarkt. Das belastet die Bilanzen und Aktienpreise, das Geschäft mit schmutziger Kohle wird langfristig unattraktiv. Aus diesem Blickwinkel könnte der Finanzsektor bei gemeinschaftlichem Handeln viel schneller die Ziele erreichen, die in der Politik nur langwierig durchsetzbar sind. Investieren etwa globale Fonds vermehrt in grüne Anlagen, habe dies zusätzlich auch positive Effekte auf die Gewinne der Anleger. „Man kann den Kunden beides geben, Gewinne und eine nachhaltigere Welt“, so Besliks Ansicht.

Deshalb ist er überzeugt, dass sich in diesem Bereich der ESG, so heißen nachhaltige Finanzprodukte im Branchenjargon, in den kommenden Jahren sehr viel tun wird. „Wir haben gar keine andere Wahl haben“, unterstreicht der Fondsmanager.

Staaten in die Pflicht nehmen

Darüber hinaus wird aber auch entscheidend sein, wie Staaten ihr Geld anlegen. Das zeigt etwa eine aktuelle Analyse der OECD. Der Ansatz ist dabei, finanzielle Ressourcen aufzuspüren, die dabei helfen, den Klimawandel zu abzuschwächen. Bislang komme Staaten bei grünen Investitionen eine noch zu geringe Rolle zu, so die OECD. Dabei geht es darum, dass Staatsfond bei ihren künftigen Geldanlagen mehr Forderungen für nachhaltiges Wirtschaften der Unternehmen machen sollten, wenn die ihre Gelder in Firmen investieren. Laut OECD könnte es sinnvoll sein, dass Staatsfonds und Strategische Investmentfonds bei diesem Thema künftig enger zusammenarbeiten.

Deutschland geht voran

Mit dem Fokus auf Deutschland zeigt sich, dass derzeit tatsächlich viel in Bewegung ist. Ende Juni verkündete die Bundesregierung 12 Mrd. € erstmals über grüne Bundesanleihen einsammeln zu wollen. Wofür das Geld konkret verwendet wird, das gibt der Bund erst Ende August bekannt. Dann soll es ein „Rahmenwerk für Grüne Bundeswertpapiere“ geben. „Wir wollen Deutschland zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzwirtschaft entwickeln“, zitierte das Handelsblatt Finanzminister Olaf Scholz und Umweltministerin Svenja Schulze.

Die Finanzagentur, der Schuldenmanager des Bundes, will bis 2021 eine grüne Zinskurve aufbauen. Das bedeutet, dass es für sämtliche gängigen Laufzeiten bei Bundesanleihen zwischen zwei und 30 Jahren auch eine grüne Variante geben soll. Das ist wichtig für die Preisfindung auch von anderen nachhaltigen Finanzprodukten, da die Grünen Bundeswertpapiere als Benchmark dienen. Finanzexperten sehen diese Entwicklung daher sehr positiv.

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