„Menschen glauben an den Erfolg der Energiewende.”
Wie steht es um die Energiewende 2020? Andreas Kühl, Diplom-Ingenieur und Energieblogger, berichtet seit fast zwei Jahrzehnten auf energynet.de rund um das Thema Energie und pusht damit die Diskussion um die Energiewende. Fachlich versiert, aber auch mal gegen den Strich. Vielleicht ein Grund für seine große Zahl an Followern. Mit knapp 9.000 Lesern gehört sein Blog zu den erfolgreichsten Energieblogs in Deutschlands. Sein Eindruck zur aktuellen Lage: Für die meisten Menschen geht die Energiewende viel zu langsam voran.
Wenn man vielen Medienberichten Glauben schenkt, steht es nicht gut um die Energiewende. (Die gesetzten Ziele werden laut McKinsey nicht erreicht, selbst im Jahr 2050 ist noch nicht die Rede von einem vollständigen Umstieg.) Ist die Energiewende so in Ihren Augen überhaupt noch zu schaffen?
Andreas Kühl: Es wird tatsächlich schwierig die Umstellung auf eine vollständige Energieversorgung noch zu schaffen. Technisch und auch wirtschaftlich habe ich jedoch wenig Bedenken. In dieser Hinsicht steigt meine Zuversicht an. Die Entwicklung neuer Technologien schreitet voran und es gibt neue innovative Geschäftsmodelle. Aber es gibt nach wie vor große Widerstände, die mir große Sorgen bereiten. Da sind nach wie vor hohe politische Widerstände zu überwinden und eine Regulierung des Energiemarktes, die an das alte Energiesystem mit wenigen großen Kraftwerken angepasst ist.
Über Ihre Plattform bekommen Sie darüber hinaus natürlich auch mit, was Ihre Leser am meisten beschäftigt. Was bewegt die Menschen heute zum Thema Energiewende am meisten?
AK: Den meisten Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigen, geht es deutlich zu langsam. Die Energiewende muss schneller vorangehen, um das Klima zu retten. Es sind alle Möglichkeiten dazu vorhanden.
Ist das Stimmungsbild ein anderes als noch bei Ihrem Start 2006?
AK: Das Stimmungsbild ist heute definitiv anders, es hat sich sehr viel geändert in diesem Zeitraum. Ich bin davon überzeugt, dass heute viel mehr Menschen an einen Erfolg der Energiewende glauben und viel mehr sie nach wie vor unterstützen. Das ist wiederum sehr positiv zu betrachten, im Vergleich zu dem zu langsamen Fortschritt.
Herr Kühl, was hat Sie dazu bewegt Energieblogger zu werden?
AK: Das waren verschiedene Gründe. Mich haben damals viele neue Blogs zu unterschiedlichen Themen fasziniert, mit der Möglichkeit selbst zu publizieren, Menschen zu erreichen und sogar mit ihnen zu diskutieren. Daneben war es mir wichtig eigene Themen zu setzen, die sonst kaum Beachtung gefunden haben. Dazu gehören z.B. alle Bereiche der Energieeffizienz, die Wärmeversorgung und die Gebäude im Kontext der Energiewende.
Was tun Sie persönlich für einen nachhaltigeren Umgang mit Energie?
AK: Neben dem Bezug von Ökostrom, inklusive Unterstützung des Ausbaus von neuen Anlagen mit Solar- und Windenergie, ist die Einsparung von Energie mein größter Beitrag. Der Stromverbrauch liegt, mit 2.800 kWh pro Jahr, deutlich unter dem Durchschnitt für eine vierköpfige Familie in einem Reihenhaus. Dahinter steckt der konsequente Einsatz von energieeffizienten Geräten im Haushalt, aber nicht weniger Geräte als in anderen Haushalten. Der Wärmeverbrauch meines Reihenmittelhaus ist auch geringer als in den anderen Häusern, einige Räume muss ich kaum beheizen.
Fällt es Ihnen manchmal schwer hier mit positivem Beispiel voranzugehen?
AK: Klar könnte ich deutlich mehr machen, das ist mir bewusst. Ich habe keine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach. Der Platz reicht kaum und ich müsste alle Miteigentümer fragen. Das habe ich bislang nicht gemacht. Dafür investiere ich in Crowdfunding-Projekte mit erneuerbaren Energien, um diese möglich zu machen. Es gibt immer einen Weg mit einem eigenen Beitrag die Energiewende zu unterstützen.
Zum Abschluss wollen wir von Ihnen als Vollblut Blogger gerne eins wissen: Haben Sie einen Lieblingsartikel auf energynet.de? Wenn ja, welchen und worum geht es darin?
AK: Das ist gar nicht so einfach bei den vielen Texten, die ich über die Jahre veröffentlicht habe. Mir gefallen besonders die Artikel, in die ich sehr viel Arbeit und Zeit gesteckt habe. Diese sind dafür häufig sehr informativ und fast einzigartig. Das sind vor allem Texte, die Erklärungen und Hintergrundwissen bieten. Solche Texte sind auch langfristig interessanter als welche mit einem aktuellen Bezug oder einem Meinungsbeitrag. Hervorheben kann ich da zum Beispiel den Text über die „Kalte Nahwärme“ – ein neues Thema, das noch viel Potential bietet.