Armut bekämpfen mit Solar

Immer eine Frage des Geldes.
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© Azuri Technologies Ltd.

Text: Diana Olbrich, 12.06.2020

Wer in Europa seinen Haushalt mit Solarenergie versorgen will, der fragt sich vor allem eins: „Lohnt sich die Investition? Rund 7000 Kilometer südlich, ist die Diskussion eine ganz andere. Denn wenn man in Afrika über Solarenergie spricht, dann geht es um mehr als Profitabilität. Es geht um die Frage: Armut oder Fortschritt?

Strom bedeutet Zeit und Geld

Ein Alltag ohne eine ausreichende Stromversorgung ist für uns kaum vorstellbar. Licht und elektronische Geräte funktionieren zu jeder Tageszeit – für uns ganz selbstverständlich.

Auf dem afrikanischen Kontinent etwa ist das noch an vielen Orten keine Selbstverständlichkeit. Mehr als 600 Millionen Menschenleben hier tatsächlich noch ohne Strom, so eine Schätzung. Insbesondere entlegene Regionen haben keinen Anschluss an das Stromnetz. Die Menschen müssen für eine gekochte Mahlzeit Holz besorgen und Feuer machen – in unserer westlichen Welt einfach undenkbar.

Infolgedessen fehlt ihnen nicht nur die Zeit für Bildung oder Arbeit. Mancherorts gibt es ein paar Stunden Strom täglich, der über Dieselaggregate erzeugt wird. Die Schadstoffe schaden nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gesundheit der Menschen. Doch es gibt Initiativen, die dieses Problem erkannt haben und dabei helfen, den Menschen Zugang zu bezahlbarem und sauberem Strom zu verschaffen. Strom aus Sonnenenergie könnte Abhilfe schaffe, doch die Investitionskosten müssen geschultert werden. Sonnenallee hat sich drei Projekte angeschaut.

Für mehr Strom in Afrika

Der „Solar Electric Light Fund“, kurz SELF, ist eine der weltweit führenden NGOs, die auf Solarenergie basierende Lösungen für die ärmsten der Armen entwirft und umsetzt, die ohne Zugang zu Elektrizität leben. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, damit Menschen, die in Energiearmut leben, bei ihrer wirtschaftlichen, erzieherischen, gesundheitlichen und landwirtschaftlichen Entwicklung unterstützt werden. Seit 1990 hat SELF Projekte in mehr als 20 Ländern umgesetzt, bei denen Solarenergie zur Gesundheitsversorgung, zur Telemedizin, zum Online-Lernen oder für die Entwicklung von Kleinunternehmen eingesetzt wurde. Eine nachhaltige Entwicklungshilfe liegt der Organisation dabei besonders am Herzen: Zahlreiche Pilotprojekte halfen dabei ein Geschäftsmodell zu etablieren, das sich langfristig in den Gemeinden selbst tragen kann und schließlich den Weg für die Kommerzialisierung der solaren Stromversorgung von Häusern in Entwicklungsländern ebnen würde.

Kommerzialisierung als Chance

Auch Azuri Paygo Energy bringt Solarenergie nach Afrika. Ähnlich wie SELF wollen auch Sie Hilfe zur Selbsthilfe geben. Saubere Energiequellen wie Sonne oder Wind sind im ländlichen Afrika oft unbezahlbar. Ein typischer Bauer verdient hier etwa 2 bis 3 USD pro Tag und gibt im Durchschnitt 2 bis 4 USD pro Woche für Treibstoff zur Beleuchtung und zum Aufladen von Telefonen aus. Ein einfaches Solarsystem im Wert von 70 USD könnte er sich damit kaum leisten, da neben den anderen Lebenshaltungskosten so kaum etwas zum Sparen übrigbleibt. Deshalb wandelt Azuri die unerschwinglichen Vorlaufkosten für erneuerbare Energien durch die Kombination von Mobil- und Solartechnologie in ein Pay-as-you-go-Modell um.

Das funktioniert so: Nach der Zahlung einer geringen einmaligen Installationsgebühr für das Solar Home System kauft der Benutzer eine Rubbelkarte oder nutzt einen mobilen Geldservice, um sein Gerät aufzuladen. Diese Aufladung kostet bis zu 50 Prozent weniger als das aktuelle Wochenbudget für Treibstoff und Telefonaufladung. Diese regelmäßigen Zahlungen amortisieren die Kosten des Solarsystems: Nach 18 Monaten ist der Kunde vollständig im Besitz des Systems und kann die erneuerbare Energie ohne weitere Kosten nutzen.

Africa drinking water social© Solvatten®
Links: Das „Solvatten Solar Safe Water System“, das mithilfe der Sonne das Wasser in Containern reinigt und erhitzt. Unten: Seit 1990 hat der „Solar Electric Light Fund“ Projekte in mehr als 20 Ländern umgesetzt.
Africa Initiative Solar© Alex Adams Photography

Sauberes Wasser dank Solar

Es leben nicht nur 1,2 Milliarden Menschen in Energiearmut, 785 Millionen von ihnen müssen zudem auch ohne Zugang zu sauberem Wasser auskommen. Ein gravierender Umstand, der schnelle Lösungen erfordert. Solvatten ist ein schwedisches Unternehmen, das sich mit einer ganz besonderen Erfindung dafür einsetzt, dass Menschen ohne Zugang zu Energie trotzdem an sauberes und warmes Wasser gelangen. Das „Solvatten Solar Safe Water System“ ist ein portables System, das mithilfe eines Gewebefilters und der UV-Strahlung der Sonne das Wasser in seinen zwei fünf Liter-Containern gleichzeitig reinigt und erhitzt. Das liegt daran, dass UV-Licht die Bildung von DNA-Bindungen in Mikroorganismen zerstört, wodurch diese an der Vermehrung gehindert und damit unschädlich gemacht werden. Fügt man die schnelle Erwärmung des Wassers durch die Sonne hinzu, wird das Wasser zudem abgekocht und kann so bedenkenlos zum Kochen, Trinken oder Waschen verwendet werden. Denn der Zugang zu sicherem und warmem Wasser bedeutet auch eine verbesserte Hygiene, eine bessere Gesundheit und schließlich bessere Lebensqualität.

SELF, Azuri Energy und Solvatten haben eins gemeinsam: Sie alle befassen sich mit einer der grundlegenden Ursachen, die Menschen in Afrika, aber auch weltweit in Armut halten. Geht man das Problem der Energiearmut dieser Menschen an, verbessert sich nicht nur die Gesundheit und Produktivität, sondern es wird auch Geld und Zeit gespart, was im Endeffekt nötig ist, um sie aus dem Teufelskreis der Armut zu befreien.