Echter Wandel kommt von innen

Wie kleine Schritte etwas verändern können
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Text: Mareike Scheffer, 30.04.2020

Viele Menschen haben eine Vorstellung von nachhaltigem Leben, handeln in der Wirklichkeit aber nicht danach. Warum ist das so? Der Journalist, Coach und Gestalttherapeut Franz Grieser hat den Grund in der inneren Einstellung der Menschen gesucht und Ideen entwickelt, wie Menschen Schritt für Schritt etwas verändern können. In seinem Buch „Meine Reise nach Utopia“ beschreibt er, wie ein bewusstes und nachhaltiges Leben gelingen kann und eben nicht eine Utopie bleiben muss.  

Herr Grieser, wie kam es, dass Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Ihren Fokus gerückt sind? Gab es ein persönliches Erlebnis? 

An ein besonderes Erlebnis kann ich mich nicht erinnern. Aber in meiner Jugendzeit Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre habe ich die Anti-Atomkraft-Bewegung miterlebt. Die so genannte friedliche Nutzung der Kernkraft fand und finde ich verantwortungslos, allein schon wegen des Problems der Endlagerung. Wir hinterlassen den Generationen nach uns Atommüll, der noch Tausende Jahre hochgiftig ist.

Ähnliche Proteste erleben wir heute wieder… 

Die Klimabewegung zeigt beispielhaft, wie Menschen etwas bewegen können, wenn sie andere für Ihre Idee begeistern. Über Zwang oder Verbote kommt keine wirkliche, nachhaltige Veränderung zustande. Echter Wandel kommt nur von innen heraus, davon bin ich überzeugt.

Sie meinen, die Menschen müssen bei sich selbst anfangen? War es das, was Sie auf die Idee gebracht hat, „Meine Reise nach Utopia“ zu schreiben? 

Ich habe viele Jahre für das Onlinemagazin utopia.de geschrieben. Dort in der Redaktion ist die Idee entstanden, ein Buch zum Thema nachhaltiges Leben zu verfassen. Ich fand die Idee sehr spannend. Doch mir fehlte ein wichtiger Teil.

Bitte erläutern Sie.

Nachhaltiges Leben bedeutet für mich: Zum einen verantwortungsvoll und achtsam mit der Welt umzugehen, in der wir leben. Zum anderen bedeutet es, verantwortungsvoll und achtsam mit uns selbst umzugehen. Auf uns und unsere Bedürfnisse zu achten und diese in Einklang mit den Bedürfnissen unserer Umwelt zu leben. Für mich geht das eine nicht ohne das andere.

Inwiefern gaben Ihnen Ihre Coaching- und therapeutischen Ausbildungen dazu Impulse? 

Seit ungefähr 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema persönliche Weiterentwicklung. Als ich vom Buchprojekt hörte, da war für mich völlig logisch, dass die beiden Themen „Nachhaltiges Leben“ und „Persönliche Weiterentwicklung“ eng zusammenhängen.

Sie schreiben, dass Sie mit dem Buch dem Leser zeigen wollten, wie er mit Veränderungen sein Leben reicher, bunter und freudvoller machen kann. Für die meisten Menschen haben aber Veränderung und Verzicht nicht unbedingt etwas mit Freude zu tun. Wie passt das zusammen?  

In der Frage stecken zwei Aspekte: Veränderung und Verzicht.

Menschen brauchen Beständigkeit, weil es ihnen Sicherheit gibt. Jede Veränderung ist daher erst einmal mit Angst verknüpft. Deshalb liegt einer der beiden Schwerpunkte des Buches auf persönlicher Entwicklung. Die Entwicklungsimpulse sollen motivieren und die nötige Energie und Zuversicht geben, um sich auf diesen Weg in ein nachhaltiges Leben zu machen.

Das zweite, was Sie angesprochen haben, ist Verzicht. Es ist ja ein Irrglaube, dass nachhaltiges Leben zwangsläufig Verzicht bedeutet. Ja, natürlich führt nachhaltiges Leben auch zu weniger Konsum. Aber vor allem zu weniger Konsum von Dingen, die wir nicht wirklich brauchen.

Tatsächlich muss nachhaltiges Leben nicht trist und trübe und freudlos sein. Ich will mit dem Buch zeigen, wie bunt, wie freudvoll und lustvoll ein bewusster Umgang mit Ernährung, mit Gesundheit und dem täglichen Leben sein kann.

Können Sie das bitte näher beschreiben?

Ich will damit sagen, dass weniger Konsum kein Verzicht sein muss, sondern ein Gewinn sein kann. Wozu brauche ich ein zehntes Paar Schuhe? Viele Menschen kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie merken, dass mehr Konsum nicht glücklicher macht. Dann muss man sich selbst fragen, woher kommt der innere Hunger, der da gestillt werden will? Die innere Sehnsucht? Was fehlt eigentlich? Es braucht diese Einsicht, bevor Veränderung möglich ist. Mein Buch soll dabei als praktischer Ratgeber eine Hilfestellung bieten.

Autor Utopia Franz Grieser
Journalist, Coach und Gestalttherapeut Franz Grieser weiß, wie man Schritt für Schritt etwas verändert.

Könnte man Ihr Buch als eine Art Checkliste für ein gutes Gewissen beschreiben? 

Nein, es ist weder eine Checkliste noch geht es um gutes oder schlechtes Gewissen. Es geht nicht ums Abhaken: „Das und das muss ich machen, damit ich ein gutes Gewissen haben kann“. Es geht uns bei dem Buch nicht um Schuld und Scham vs. Gutes Gewissen. Alles, was wir im Buch vorschlagen, soll die Lebensqualität erhöhen, es soll freudvoll sein. Ohne erhobenen Zeigefinger oder Moralkeule.

In Ihrem Buch geht es auch um Mikroabenteuer. Welches persönliche Mikroabenteuer haben Sie erlebt?

Das kann vieles sein. Ich gehe manchmal nachts bei klarem Himmel raus und schaue ein, zwei Minuten in den Sternenhimmel. Da geht mir das Herz auf. Es kann aber auch ein Mondspaziergang sein. Früher haben wir mit Freunden eine eigene Stadtführung in der Heimatstadt gemacht. Jeder aus der Gruppe hat dazu etwas vorbereitet. Das war ein tolles Erlebnis.

Was von Ihren Anregungen setzen Sie selbst um?

Mittlerweile doch einiges. Die Energiespartipps, die Achtsamkeitsübungen und die digitale Pause zum Beispiel. Ich nehme oft das Fahrrad statt das Auto. Zudem achte ich auf regionale Ernährung und kaufe Fleisch beim Biometzger, von dem ich weiß, wo die Tiere herkommen. Auch die Gartentipps sind praktisch.

In welchen Bereichen fällt es Ihnen schwer?

Ein schwieriger Punkt ist die Vermeidung von Plastikmüll. Das ist schon herausfordernd und eine Vermeidung oft schwierig.

Wie begegnen Sie Menschen in Ihrem Freundeskreis, die wieder mal eine Flugreise nach Teneriffa buchen? 

Da maße ich mir kein Urteil an. Kritik führt zu Rückzug. Damit erreiche ich genau das Gegenteil. Ich finde es viel spannender, Menschen für etwas zu begeistern oder mit etwas zu locken. Das bringt einen viel weiter.

Wie sieht es in Ihrem Alltag aus? Verzichten Sie völlig auf Flugreisen?

Weitestgehend. Ich bin fast zehn Jahre gar nicht geflogen, weil es mir nicht liegt. Vor Kurzem habe ich mir aber einen Traum erfüllt: eine mehrwöchige Reise nach Sri Lanka. Ohne Flug war das nicht zu machen.

Hatten Sie ein schlechtes Gewissen?

Nein, ich habe auch keine Flugscham. Aber ich habe dennoch einen Co2-Ausgleich gemacht und für die Wiederaufforstung des Regenwaldes in Südamerika gespendet. Dadurch wurde der Flug zwar ein paar Hundert Euro teurer, aber das war mir für mich persönlich wichtig. Das erwarte ich aber nicht von anderen.

Meine Reise nach Utopia

Weg von der Utopie! Die Reise von Franz Grieser beschreibt er in seinem Buch.
Hier kann man reinschauen.