Eine ganz persönliche Unabhängigkeitserklärung

Für die Stromversorgung braucht es keine Steckdose
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© Klaus Schier

Text: Diana Olbrich, 22.11.2019

Sonja Nertinger und Klaus Schier wohnen eigentlich im bayerischen Merching. Dort trifft man sie allerdings selten. Denn seit über 25 Jahren sind die zwei auf Reisen. Im umgebauten Wohnmobil entdecken die Reisejournalisten und Filmemacher gemeinsam Island und Grönland, fahren bis nach Patagonien und erkunden neue Wege im afrikanischen Sambia. Auf ihren Reisen haben sie auch gelernt, wie einem selbst im Dschungel nie der Strom ausgeht. Darüber haben wir mit Klaus Schier gesprochen, als er gerade einmal wieder in Deutschland war.

Island. Feuerland. Afrika. Ihre Reiseziele hören sich eher nach Expeditionen an. Aus wie vielen Mitgliedern besteht Ihr Team?

Klaus Schier: Wir machen die Reisen immer nur zu zweit, es ist nie ein Begleitfahrzeug dabei. Von der Recherche über die Planung bis hin zur Durchführung organisieren wir alles selbst. Wir sind schon nach Mittelamerika gefahren, nach Nordafrika, und im Jahr 2000 haben wir beschlossen: Wir machen eine Weltreise. Geplant waren drei, vier Jahre. Jetzt sind wir schon 19 Jahre unterwegs. Wir kommen aber immer wieder nach Deutschland, um Filme zu produzieren und die Weiterreise vorzubereiten.

Oft sind Sie hunderte Kilometer von der nächsten Steckdose entfernt. Geht Ihnen unterwegs nie der Strom aus?

KS: Wir sind grundsätzlich immer komplett autark. Die Fahrzeuge, die wir benutzen, bauen wir größtenteils selbst um. Für die Stromversorgung haben wir bei den Autos, die wir in Alaska oder Feuerland fahren, auf dem Dach drei Solarpanels. Außerdem verfügen wir über genügend Speicherraum in Form großer Batterien.

Sind die Batterien mit den Fahrzeugbatterien gekoppelt?

KS: Nein. Die sind unabhängig. Wir nutzen die Fahrzeugbatterien nur zum Starten, Fahren und fürs Radio. Die Batterieversorgung des Wohnbereichs ist davon getrennt. Für den haben wir Solarpanels oben auf dem Fahrzeugdach und Batterien mit genügend Kapazität im Autoaufbau. Diese werden über die Solarpanels oder über eine zweite Lichtmaschine geladen.

Sie sind also auch unterwegs immer flexibel, egal was kommt?

KS: Genau. Auch, wenn mal etwas kaputtgeht. Mittlerweile bekommt man Solarplatten überall auf der Welt in allen möglichen Größen und Qualitäten. Batterien bekomme ich auch, genauso die Inverter. Die braucht man, um aus 12 Volt 110 oder 220 Volt zu machen.

© Klaus Schier
Der Unimog von Klaus Schier hat insgesamt 4 Solarplatten zur autonomen Versorgung auf dem Dach montiert.

25 Jahre on the road

Sie sind nun schon seit 25 Jahren unterwegs. Was hat sich bezüglich der Stromversorgung seitdem verändert?

KS: Am Anfang war es sehr exotisch, wenn jemand Solarplatten auf dem Auto hatte. Mittlerweile ist es Standard.

Welchen Tipp geben Sie unseren Leserinnen und Lesern, die sich Solarplatten aufs Dach montieren möchten?

KS: Immer dran denken: die Solarplatte nicht fest montieren. Dann können Sie diese auch einfach runternehmen und dort hinstellen, wo die Sonne hin scheint. Meistens ist es ja so: wenn Sie beispielsweise in Afrika unterwegs sind, suchen Sie sich irgendwann einen Schattenplatz. Aber dann sind Sie weg von der Sonne – und der Energieversorgung. Aber lege ich an einem langen Kabel eine Solarplatte weg von meinem schattigen Standplatz, dann habe ich auch dort Energie.

Die Sonne scheint aber nicht immer. Was dann? 

KS: Rechnen Sie von hinten. Sie müssen wissen: wie energiehungrig sind meine Geräte? Wie viel Energie brauche ich täglich? Von der Wasserpumpe über das Radio, den Computer, das Licht. Ich rechne dabei lieber großzügig. Dementsprechend berechnen Sie die Größe der Batterien. Und die der Solarpanele. Es nützt nichts, wenn ich oben ein großes Solarpanel habe und daran angeschlossen nur eine kleine Batterie, die die gewonnene Energie nicht speichern kann. Mit drei, vier entsprechenden Batterien habe ich dann genügend Energie, auch wenn es mal ein paar Tage lang schattig ist.

Nicht alle Leute sind ständig auf Reisen. Was raten Sie denen, die ihr Häuschen im Schrebergarten oder in Schweden mit Strom versorgen wollen, das nicht ans Netz angeschlossen ist?

KS: Es geht immer nach dem gleichen System: Solarpanel, Solarwandler, Batterie, Inverter. Das Konzept übertrage ich auf alles, egal ob bei unserem Haus in Schweden oder dem Mercedes Sprinter in Bayern.

Werden wir irgendwann unabhängig von den großen Energieunternehmen sein?

KS: Abhängigkeit vom Strom wird es immer geben. Und sie wird immer größer werden. Die Frage ist nur: Wer liefert mir den Strom? Bekomme ich ihn nur vom Stromanbieter, oder trage ich selbst meinen Beitrag dazu bei und installiere mir Solarplatten auf dem Dach?

Werden wir überhaupt noch ohne Strom auskommen?

KS: Nein. Ohne Strom geht heutzutage gar nichts. Die Frage ist nur: Wie erzeugen wir die Energie, die wir benötigen?

Herr Schier, ganz herzlichen Dank für das Gespräch.