Isländische Kreativität statt schädliches Kerosin

Zwischen Kunstprojekt und Sozialunternehmen
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© Nicky Angunwa

Text: Diana Olbrich, 25.11.2019

Monofrequenzleuchten, Projektionsfolie, Nebelmaschinen, Spiegelfolie, Aluminium und ein paar Gerüste. Mehr brauchte Olafur Eliasson nicht, um in der Londoner Tate Modern die Sonne aufgehen zu lassen. 2003 schuf der isländische Künstler ein monumentales Werk. Die Sonne, die das Museum erhellte, maß 26,7 m x 22,3 m x 155,4 m. Warum brachte er die Natur ins Museum? Weil für Eliasson das Wetter – Wind, Regen, Sonne – eine der wenigen grundlegenden Begegnungen mit der Natur ist, die wir in einer Stadt noch erleben können.

Seine Sonne kann die Welt retten

Bei seinem Projekt Little Sun strahlt die Sonne nicht im Museum, sondern immer dort, wo sie gebraucht wird. Zusammen mit dem Ingenieur Frederik Ottesen versorgt der Künstler Menschen mit Hilfe einer 2,9 x 12 cm kleinen Sonne mit Licht. 96 Gramm leicht, gelb und aus Plastik, hat sie auf einer Seite eine LED Lampe und auf der anderen ein Solarpanel. Wird die solarbetriebene Leuchte fünf Stunden geladen, kann sie bis zu 50 Stunden Licht liefern.

Eliasson und Ottesen hatten sich schon lange damit beschäftigt, Energie für alle zugänglich zu machen. Ihr Antrieb: Kerosinlampen zu ersetzen, die in vielen Ländern Afrikas genutzt werden. Kerosin ist nicht nur teuer, sondern auch extrem gesundheitsschädlich. Neun Jahre nach der Ausstellung in der Tate Modern fiel der Startschuss für Little Sun ebenfalls im Londoner Museum. Einmal pro Woche wurden dort alle Lichter ausgeschaltet und die Besucher konnten es im Dunkeln erkunden, nur die Little Sun Lampe erleuchtete Räume und Kunstwerke.

© 2012 Little Sun
Frederik Ottesen und Olafur Eliasson mit der Lampe "Little Sun".
© Little Sun

800.000 verkaufte Sonnen in sieben Jahren

Seit 2012 werden nun mit dem Erlös der verkauften Lampen Hilfsprojekte unterstützt. Dabei setzen die zwei auf eine Querfinanzierung: Auf der Nordhalbkugel der Welt kosten die Lampen € 24,90, weil die Menschen mehr verdienen. Dafür kann Little Sun auf der Südhalbkugel günstiger verkauft oder sogar kostenlos abgegeben werden.

Inzwischen wurden mehr als 800.000 Lampen verkauft. Hergestellt werden sie in China, denn bisher konnte noch keine ausreichende Infrastruktur für die Produktion in Afrika geschaffen werden. Dabei wird beim Hersteller in China streng auf faire, soziale Arbeitsbedingungen geachtet. Ziel ist, die Lampen eines Tages in Afrika herstellen zu können. Die Investition in den Kauf einer Lampe lohnt sich: Die Batterie, die durch das integrierte Solarpanel immer wieder aufgeladen werden kann, hält circa fünf Jahre – bei täglicher Nutzung.

Künstler. Sozialunternehmer. Motivator.

Little Sun ist ein Kunstprojekt. Und ein Sozialunternehmen mit einer Mission: „Inspiring people to take climate action”. Mit der kleinen Solarsonne ist es einfacher, die Menschen zu begeistern. Die gelbe Farbe und das Design sind ein positives Symbol. So wird die Hemmschwelle, mitzumachen, niedrig gehalten.

Die Aktivitäten sind vielfältig. Als Zeichen für Klimaschutz werden bei Konzerten sogenannte Sunrises, also Sonnenaufgänge inszeniert. In Ruanda wurden über 24.000 Lampen an Schulkinder gespendet. Gleichzeitig führte man Workshops mit ihnen durch. Die Kinder lernten nicht nur, wie sie die Lampe benutzen und die Batterie ersetzen, sondern auch, warum Klimaschutz so wichtig ist.

Eliasson und das Little Sun Team haben große Pläne. Sie wollen noch mehr Leute begeistern und für den Klimaschutz sensibilisieren. Dabei setzen sie auf Kooperationen mit großen Unternehmen wie IKEA. Ein Partner wie das schwedische Möbelhaus hat die Ressourcen und den Vertrieb, um mit Produkten wie Little Sun noch mehr Menschen weltweit zu erreichen. Wichtig ist ihnen dabei immer, dass die Produkte schön aussehen. Denn Little Sun ist eben auch ein Kunstprojekt, und der Künstler glaubt, dass er durch Kunst mehr Leute anspricht.

Mehr zu Little Sun

Die Lampen werden auch in vielen Museumsshops in Deutschland verkauft und können online bestellt werden. Weitere Informationen zu Little Sun gibt es auf der Webseite.