Gemüse unter Strom
Als der Anbau von Heu und Futterpflanzen für das Überleben der Farm von Opa Jack in Boulder County, Colorado, nicht mehr reichte, suchte Enkel Byron Kominek nach einer neuen Einnahmequelle. Und wurde zu einem Vorreiter der Agri-PV, also der gleichzeitigen Nutzung einer landwirtschaftlichen Fläche für die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Solarstrom.
Ursprünglich interessierte den jungen Betriebsleiter nur die finanzielle Seite der Solarstromerzeugung. „Doch dann kam ich über einen Freund mit Forscher:innen am National Renewable Energy Laboratory ins Gespräch und bald darauf mit Professor:innen der University of Arizona und der Colorado State University. Ihre Idee, das Land unter den Solarmodulen zu bestellen, faszinierte mich. Mir erschien das als eine tolle Chance, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“
Mit seiner Idee stieß Byron Kominek zunächst auf wenig Begeisterung: „Sowohl die Landwirte als auch die Fachleute der Solarbranche waren skeptisch. Wir haben einen Künstler engagiert, der meine Vision mit Aquarellen illustrierte. Ich glaube, erst da konnten die Leute die Idee der Agri-Photovoltaik begreifen.“ Mittlerweile ist Jack‘s Solar Garden die größte kommerzielle Forschungseinrichtung zur Agri-PV in den Vereinigten Staaten.
Byron Kominek möchte, dass das Land unter Solarmodulen am Leben erhalten wird, statt es verkommen zu lassen, wie er es bei Erkundungstouren durch die USA oft gesehen hat. Deshalb ist Jack’s Solar Garden nicht nur ein Forschungs-, sondern auch ein Bildungsprojekt: Das angegliederte Colorado Agrivoltaic Learning Center informiert Schüler:innen, Bürger:innen und politische Entscheidungsträger:innen über die duale Landnutzung für saubere Energie und regionale Lebensmittel.
Die Menschen vor Ort einzubeziehen, „der Gesellschaft etwas zurückzugeben“ ist ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts. Dazu kooperiert Jack’s Solar Garden mit Sprout City Farms. Die gemeinnützige Organisation sorgt mit gemeinschaftlich betriebenen Höfen für Zugang zu gesunden Lebensmitteln. „Sie bauen unter unseren Solarmodulen Gemüse, Kräuter und Obst an, die sie im Gemeindezentrum gegen eine Spende abgeben.“ Der gesamte Strom von Jack’s Solar Garden wird in das Stromnetz des örtlichen Energieversorgers eingespeist, ein Teil davon ist für Haushalte mit niedrigem Einkommen reserviert.
„Es bedeutet mir viel, wenn Menschen das Land meiner Familie besuchen und sich inspirieren lassen.“, sagt Byron Kominek
„Das Leuchten in den Augen der Menschen zu sehen, wenn sie durch unsere Anlage gehen, ist ein Höhepunkt meiner Arbeit.“
Ganz besonders aber freut er sich darüber, dass seine Mutter das Projekt inzwischen mag. „Es hat mehr als ein Jahr gedauert, bis sie meinem Vater und mir erlaubt hat, eine Solaranlage auf dem Land unserer Familie zu bauen. Jetzt, wo wir in der zweiten Anbausaison sind, genießt sie es, glaube ich, die Besucher:innen zu beobachten, mit den Forscher:innen umzugehen und zu sehen, wie die Pflanzen unter unserer Solaranlage gedeihen. Ohne die Zustimmung und Unterstützung meiner Mutter hätten wir Jack’s Solar Garden nicht bauen können.“
POLYKRISTALLIN SCHLÄGT MONOKULTUR
Große Früchte und zartes Gemüse gedeihen am ehesten bei milden Temperaturen und in guter, feuchter Erde. Beides wird durch den Klimawandel seltener: Hitze und Wind trocknen die Böden aus, Starkregen schwemmt den Humus fort. Die konventionelle Landwirtschaft arbeitet mit regelmäßiger Bewässerung und Düngung dagegen an.
Es wird immer offensichtlicher, dass ursprüngliche Formen der Landnutzung – etwa Mischkultur im Schatten von Bäumen – der großflächigen Monokultur einiges voraus haben. Einige Stärken solch traditioneller Anbauweisen bringt nun die Agri-PV in modernem Gewand zurück.
Auch in Deutschland verändert sich das Klima, und für die Energiewende ist der Ausbau der Photovoltaik essenziell. Da liegt es nahe, wie schon in vielen anderen und zunehmend auch europäischen Ländern der Agri-Photovoltaik eine Chance zu geben.
AUF SAND GEBAUT: KLIMAPARK STEINHÖFEL
Östlich von Berlin, in der Mark Brandenburg, sind die ohnehin leichten Ackerböden so trocken, dass teilweise nicht einmal die gemeine Quecke, ein von Landwirten ungeliebtes Wildkraut, dort wachsen mag. Aus diesem Anlass kamen ein Photovoltaik-Kunde der SUNfarming GmbH und deren Geschäftsführer auf Agri-PV zu sprechen. Das Unternehmen erprobt seit einigen Jahren den Lebensmittelanbau unter Solarmodulen, im Food & Energy Training Centre South Africa und am Forschungsstandort Rathenow.
Landwirt und Geschäftsführer fragten sich, ob die duale Landnutzung vielleicht auch in Brandenburg die Folgen des Klimawandels abfedern und eine Alternative zur konventionellen Bewirtschaftung der ertragsschwachen Böden sein könnte. Die Idee ist mittlerweile zu einem Projekt herangewachsen.
Noch ist der Klimapark Steinhöfel, eine 550 Hektar große Agri-PV-Anlage im Planungsstadium. Doch die Behörden sind im Großen und Ganzen einverstanden, wie dem Aufstellungsbeschluss zu entnehmen ist. Auch das öffentliche Beteiligungsverfahren ergab überwiegend Zustimmung, erzählt Heiner Kamper von SUNfarming. „Denn wir belegen prinzipiell keinen hochwertigen Mutterboden mit Photovoltaik. Die Flächen sind von den Landwirten selbst ausgewählt worden, eben weil die Böden dort eher arm sind und sie sich von der Agri-PV eine Verbesserung erhoffen.“
„Bei den verwendeten Modellen gelangt Regen durch eine Tröpfchen-Beregnung auch unter die Modultische. Ohnehin wird die Sonne in deren Schutz den Boden nicht so schnell austrocknen und der Wind ihn weniger abtragen.“, erklärt Heiner Kamper. Die für Steinhöfel zuständige Naturschutzbehörde freute sich bei der Begehung, dass Flächen aus der konventionellen Landwirtschaft herausgenommen werden und sich Boden, Flora und Fauna erholen können. „Wobei“, so Heiner Kamper, „der Landwirt natürlich ein Interesse daran hat, dort auch Lebensmittel zu produzieren und nicht nur Trockenrasen für die Biodiversität auszusäen.
Welche Art von Landwirtschaft stattfinden und wie das Projekt in die Landschaft integriert werden soll, ist Aufgabe einer örtlichen Projektgruppe. Bisher sind neben dem Anbau von Beeren die Schaf-, Hühner- und Mutterkuhhaltung im Gespräch. Wie sich die erhoffte Biodiversität tatsächlich entwickelt, wird auf drei Flächen begleitend erforscht.
Klar ist hingegen, dass SUNfarming in Steinhöfel wie bei all ihren kommerziellen PV-Anlagen auf Solarwechselrichter vom Weltmarktführer setzt. „Für uns sind Langlebigkeit und Leistung ausschlaggebend, deshalb arbeiten wir bevorzugt mit der Technik von SMA. Und es ist immer jemand ansprechbar, solchen Service gibt es nicht überall.“