Luxus soll keine Sünde sein

Designhäuser wollen nachhaltiger produzieren
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Text: Martin Brunner, 09.10.2020

Die internationale Modeindustrie ist für ihre Produktionsbedingungen starker Kritik ausgesetzt. Doch es bahnt sich ein Wandel an. Eine Handvoll Marken wollen öko-positiv wachsen und proklamieren progressive Maßnahmen für sich. Es scheint, dass die großen Designhäuser nun bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Auf den diesjährigen Frühjahr-Sommer-Schauen in Paris und Mailand präsentierten die Luxusikonen ihre Kollektionen im Gleichgewicht zwischen Ethik und Ästhetik. Mit dem Blick auf die Mode als wichtigsten Indikator und Taktgeber wirtschaftlicher Trends dürften auch andere Luxusmarken das Thema Nachhaltigkeit in nächster Zeit für sich entdecken.

Der Zeitpunkt ist günstig, denn globale Klimabewegungen haben die Menschen für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert, und der pandemiebedingte Stillstand gibt Marken und Konsumenten die Gelegenheit, den Status quo zu überdenken. Auch in den sozialen Medien ist Nachhaltigkeit ein stark vertretenes Thema, Tendenz steigend.

Das ist nicht verwunderlich, denn bei Millennials und der Generation Z ist Nachhaltigkeit nicht nur ein zentrales Thema, sondern ein Grundwert des täglichen Lebens. Sie möchten lieber Mode von hoher Qualität und Haltbarkeit, statt schnellen und billigen Konsum. Diese Altersgruppen machen 30 Prozent aller Luxuskäufer aus und sind auf dem besten Weg, bis 2025 einen Anteil von 45 Prozent zu erreichen. Auch das ist sicherlich ein Anreiz für Luxusmarken, ihre Produktion in Richtung Nachhaltigkeit und bewusste Lebensweise zu lenken.

Der Fashion Pact — ein Meilenstein

Vergangenen Sommer unterzeichneten insgesamt 32 globale Konzerne mit 150 Labels den Fashion Pact. Bis zum Sommer 2020 wuchs die Zahl der Unterzeichner auf 67. Diese bekennen sich dazu, ihre CO₂-Emissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, nachhaltige Rohstoffe zu verwenden und zu 100 Prozent erneuerbare Energien bei der Produktion zu nutzen. Die Bekämpfung des Klimawandels, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Schutz der Ozeane bilden die zentralen Punkte des Pakts, dem sich viele bekannte Luxusnamen wie Chanel, Ralph Lauren und Prada, aber auch Fast Fashion-Vertreter wie H&M angeschlossen haben. Es war ein wichtiger Schritt für die Modeindustrie, ihren Beitrag zur Rettung des Planeten zu leisten.


Das legen Luxusmarken konkret vor

Louis Vuitton: Für jedes Designbüro ist der Umgang mit seinen Stoffabfällen entscheidend für ein zirkuläres System. Louis Vuitton stellte dieses Jahr seine „Be Mindful“-Kollektion vor, die aus Materialien zweiter Wahl hergestellt wurde. Bei der Frühling-Sommer-Schau ’20 auf der Pariser Modewoche wurde das für das Set verwendete Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern in Frankreich bezogen und später zur Wiederverwendung gespendet.

Gucci: Das Haus erklärte sich im September 2019 für vollständig klimaneutral und startete ein digitales Portal, Gucci Equilibrium. Das Portal soll die vollständige Rückverfolgbarkeit von allem ermöglichen, was die Marke tut, um zirkuläres Wirtschaften und positiven Wandel zu fördern. „Ein neues Jahrzehnt der Unternehmensverantwortung bricht an und wir als Unternehmen müssen alle mit Sorgfalt die notwendigen Schritte einleiten, um unsere negativen Umweltauswirkungen zu verringern, das schließt ein, dass wir Transparenz zeigen und Verantwortung für unsere Treibhausgas-Emissionen in unseren Lieferketten übernehmen“, sagte Marco Bizzarri, Präsident und CEO von Gucci in einer Erklärung.

Dior: Die Ausstellung im Frühling und Sommer ’20 wurde durch Fotos von Christian Diors Schwester Catherine inspiriert, die sie inmitten einer üppigen Flora zeigen. Das Set für die Ausstellung war eine Nachbildung des Gartens mit 164 Bäumen, die in einer geheimen Waldlandschaft gepflanzt und später in andere Waldgebiete in verschiedenen Teilen Frankreichs verpflanzt wurden. Es war auch Designerin Maria Chiuris Botschaft, die harmonische Koexistenz zwischen Mode und Natur zu bewahren, als sie mit dem Etikett #PlantingForTheFuture auf den Bäumen zusammen mit ihrem Ursprung und ihrer Bestimmung zum Handeln gegen die ökologische Krise aufrief.

Prada: Das Modehaus hat seinen ikonischen Nylon-Rucksack mit der Prada Re-Nylon-Kollektion wiedereingeführt und ihm ein nachhaltiges Makeover verpasst. Die Rucksäcke, die früher aus Fallschirmstoff hergestellt wurden, sind jetzt aus ECONYL® gefertigt, einem regenerierten Nylon, das durch das Recycling von Fischernetzen, Meeresplastik und Textilabfällen hergestellt wird. Bis 2021 will Prada sein gesamtes Nylon durch dieses recycelte Gewebe ersetzen.

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