Solarparks und Artenvielfalt

Wo Photovoltaik und Naturschutz sich ergänzen
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Text: Birgit Scheuch, 23.01.2023

Ein neues Zuhause für Feldlerchen und gefährdete Eidechsen – Solarparks als Hort der Artenvielfalt: ja, da könnte was dran sein.

Umweltbewusst geplante Solarparks können ausgelaugte, belastete Natur teilweise wiederherstellen. Und vielleicht dienen sie in Zukunft ganz und gar absichtlich als Schutzgebiete für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Als Habitat für Hummeln, die beim umliegend angebauten Obst, Gemüse und anderen Nutzpflanzen für verlässliche Bestäubung sorgen. Oder als Ruhepol für die gestresste Natur.

Die Anlagen müssten dann nicht in Konkurrenz zu Feld, Wald und Wiese stehen, sondern wären selbst eine Art Naturschutzgebiet.

Auf die Frage, ob er Solarparks im Dienst der Natur für eine abwegige Idee oder zukunftsentscheidend hält, antwortet Yannik Mießeler, Projektmanager bei F&S Solar: „Ich glaube, dass das schon Realität ist. Also dass die bestehenden Anlagen schon jetzt einen positiven Beitrag leisten. Und dass es in Zukunft noch bedeutenderer sein wird. Also, keine abwegige Idee.“

F&S; solar concept GmbH

„Wenn ich einen sinnvollen Beitrag leisten kann, nicht nur zur Erzeugung erneuerbarer Energie, sondern noch ganz einfach dieses bisschen mehr für die Biodiversität erreichen kann, dann wäre das einfach eine liegengelassene Chance, es nicht zu tun.“
– Yannik Mießeler, F&S; Solar

Das beste Argument: dass es so einfach ist!

„Ein Solarpark bringt einiges mit, was die Biodiversität verbessern kann. Gerade wenn die Fläche vormals landwirtschaftlich genutzt oder Grünland war. Als erstes wird sie nicht versiegelt. Ein Solarpark wird eingezäunt, das schützt Tiere vor Räubern und Verkehr. Die Module bieten Schutz vor direkter Sonneinstrahlen. Dazu die Einsaat von angepassten Saatmischungen für Insekten – das ist doch alles total einfach umzusetzen. Warum dann diese Chance liegen lassen?“, so Yannik Mießeler.

Sein Arbeitgeber – die F&S Solar, ein SMA-Partnerunternehmen – hat bei der Planung und Errichtung eines Solarparks in der Dominikanischen Republik schon vor Jahren auf Biodiversität geachtet und kennt daher die langfristigen Effekte aus der Praxis.

2014 begann F&S Solar nach einer Marktanalyse mit der Planung eines Solarparks in der Provinz Monte Cristi im Nordwesten des Landes. „Damals waren die Umweltaspekte von Solaranlagen hier in Deutschland ein Randthema, aber in der Dominikanischen Republik waren sie gar keins! Es gab dazu von den Behörden keine Auflagen.“, erzählt Mießeler.

Dass sie aber nicht einfach einen Solarpark hinstellen würden, war für F&S Solar von vornherein klar. „Es war für uns ja das erste Projekt in diesem Teil der Erde. Da war es uns wichtig, einmal komplett zu durchdenken, wie es sich positiv auf Flora, Fauna und die Gesellschaft auswirken kann.“

F&S Solar beauftragte einen Gutachter mit einer Analyse der bestehenden Pflanzen- und Tierarten auf der zwei Quadratkilometer großen Fläche. Yannik Mießeler: „Diese Analyse allein hatte schon 500 Seiten, war eine riesige Bestandsaufnahme. Damit kannten wir den Status Quo und wussten, was ist schützenswert?“

Parallel stellte sich die Frage der Finanzierung. Hier kamen drei Entwicklungsbanken, die deutsche, die niederländische und die belgische, mit ihren eigenen Anforderungen ins Spiel. Der resultierende Maßnahmenkatalog enthielt allein 20 Maßnahmen zur Biodiversität. „Die größte war, dass wir in der Bauphase als Ausgleichsmaßnahme 10 600 schützenswerte Pflanzen umgepflanzt haben, dafür haben wir Menschen vor Ort eingestellt.“

Auf der Fläche selbst hat F&S Solar acht einheimische Pflanzenarten neu gepflanzt. Das war unter anderem eine Orchideenart, die es nur auf der Insel Hispaniola (der Antilleninsel, auf der die Dominikanische Republik liegt) gibt und die vom Aussterben bedroht war. „Wir dachten, dann nutzen wir doch den Platz, der uns hier zur Verfügung steht, um die langsam wieder aufzupäppeln.“, erklärt Yannik Mießeler.

Das ist zu großen Teilen gelungen: „Bei den umgepflanzten Pflanzen haben wir je nach Art eine Überlebensrate von 85 bis 95 Prozent, und was eingeht, lassen wir jedes Jahr nachpflanzen, damit sie erhalten bleiben und sich nach und nach von allein vermehren.“ Dafür unterhält das Unternehmen nach wie vor eine Kooperation mit dem Botanischen Garten von Santo Domingo und Santiago in der Dominikanischen Republik.

„Und“, berichtet Yannik Mießeler, „es gab es Effekte, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Unser Fokus lag ja zunächst auf dem Schutz der Arten – wie nutzen wir die Ausgleichsflächen sinnvoll? Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass auch unter den Modulen ganz interessante Sachen passieren. Dass da Vögel brüten, die den Schutz der Module suchen. Das sind echt schöne Nebeneffekte, die so gar nicht eingeplant waren.“

Auf die Frage, welche Rolle SMA und SMA-Produkte beim Karibikprojekt spielten, antwortet Yannik Mießeler: „Wir sind in Monte Cristi und generell in der Dominikanischen Republik in einer Zone, die sehr starken Umwelteinflüssen ausgesetzt ist. Hurricanes zum Beispiel. Die Materialien mussten nachgewiesenermaßen extrem schwierigen Bedingungen standhalten. SMA war in der Lage, alle Windklassifizierungen zu liefern und sehr robustes Material zur Verfügung zu stellen. Wir arbeiten ja schon von Beginn an mit SMA zusammen. Die eingespielte Partnerschaft war natürlich vorteilhaft, weil es um den Einstieg in einen neuen Markt ging. Sich da schon lange zu kennen, das macht einiges einfacher.”

Eine solare Oase in Frankreich

„Temperaturen an die 40 Grad und schon seit dem Frühjahr kaum Niederschläge hier in Frankreich – darunter hat die Tier- und Pflanzenwelt sehr gelitten. Doch wir haben PV-Anlagen gesehen, die wie eine Oase für bestimmte Arten waren. Sie überlebten unter den Solarpanelen, wo die Vegetation nicht völlig von der Sonneneinstrahlung verbrannt wurde.“ Vincent Mathély hat als Sales Director bei SMA Frankreich, die Errichtung eines Solarparks im zentralfranzösischen Départment Loire begleitet, der als besonders umweltfreundlich bewertet wird. Obwohl die Fläche mehr hergegeben hätte, ist die installierte Leistung auf zwei Megawatt begrenzt. Die Anlage sollte sich die in die Landschaft einfügen – Le-Pré liegt in einem ländlichen Gebiet mit kleinen Dörfern, ist von Hügeln und Wäldern umgeben. Und ihre Auswirkungen auf die Umwelt, Tier- und Pflanzenarten sollten möglichst gering sein.

„[W]ir haben PV-Anlagen gesehen, die wie eine Oase für bestimmte Arten waren. Sie überlebten unter den Solarpanelen, wo die Vegetation nicht völlig von der Sonneneinstrahlung verbrannt wurde.“ Vincent Mathély, Sales Director SMA Frankreich

Das war eine bewusste Entscheidung von SIEL-Territoire d’énergie Loire, einem Gremium, das im Auftrag von Kommunalverwaltungen die öffentliche Bauherrschaft für Solaranlagen übernimmt. Das erklärt Vincent Mathély so: „Die Ausschreibungen der französischen Regierung sehen Vergünstigung für Projekteinreichungen vor, die vorbelastetes Land betreffen. Zum Beispiel ehemalige Mülldeponien, Steinbrüche oder Industriestandorte mit verschmutzten Böden. Diese Standorte werden mithilfe der staatlichen Datenbanken ermittelt und für die Entwicklung von Photovoltaikanlagen favorisiert.“ Im Fall von Le-Prés handelte es sich um ein Materiallager für den Bau der angrenzenden Nationalstraße, das schon längere Zeit brachlag.

„Ein Schlüsselelement des Antragsverfahrens“, erklärt Vincent Mathély, „ist die öffentliche Vorlage einer Umweltverträglichkeitsstudie einer dritten Partei.“ Einer von vier darin zu untersuchenden Bereichen ist die natürliche Umwelt: Lebensraum und Identifikation von Arten – Insekten, Säugetiere, Vögel, Reptilien – sowie bestehende Schutzgebiete. Die Bewertung der Auswirkungen erfolgt mit spezifischen Methoden, wiederholten Arteninventuren in verschiedenen Jahreszeiten, Ortsbesichtigungen und 3D-Projektsimulationen. Aus den so gewonnenen Erkenntnissen wurden verschiedene Maßnahmen abgeleitet.

Heute gibt es heute im Solarpark von Le Prés 1800 Quadratmeter Vegetation als natürlichen Lebensraum für häufige örtliche Arten; an der Nord- und Ostseite wurden Hecken gepflanzt. Als weitere Maßnahmen zur Umsetzung der Studienergebnisse nennt Vincent Mathély: „700 Quadratmeter sind speziell einer Heidekrautart, dem rundblättrigen Wintergrün, gewidmet. Es gibt einen Teich für die Fortpflanzung von Amphibien und einen Reptilienunterschlupf – und natürlich den Auftrag, die Arbeiten ökologisch zu überwachen. Nach den Arbeiten wurden alle Wege begrünt, und die Hauptelektronik der Wechselrichter ist in der Nähe des Eingangs zum Gelände konzentriert, so dass die Anlage von der Natur umgeben ist.“

Eine sauberere Welt für künftige Generationen ist auch für Vincent Mathélys Antrieb: „Dafür verändern sich die Anforderungen an unsere Energieerzeugungssysteme weltweit sehr schnell. Die Akzeptanz und Unterstützung der Bevölkerung ist essenziell für die Bewältigung dieser riesigen Herausforderung. Dafür müssen wir beispielhaft vorgehen.“

In welchem Verhältnis industrielle Landwirtschaft, Solarparks und Naturschutz stehen, wird auch beim Thema Agri-Photovoltaik deutlich. Mehr dazu in der SONNENALLEE und im Sunny Blog.

Ein angesagtes Forschungsthema

Weltweit erforschen Wissenschaftler:innen im Auftrag von Unternehmen und an Universitäten, welche natürlichen Vorgänge sich unter Solarpanelen abspielen.
Zwei Beispiele:

Better Energy, Blangslev (DK)

Im Auftrag des Solar-Dienstleisters Better Energy fanden Forscher:innen sieben wesentliche Aspekte zur Förderung der biologischen Vielfalt in einem Solarpark. Beobachtungen in einer Pilotanlage – zuvor konventionell bewirtschaftetes Ackerland – im dänischen Blangslev lassen vermuten, dass die biologische Vielfalt sich im Vergleich zum Zustand vor dem Bau eines Solarparks fünf Jahre später um etwa 25 Prozent und bis zu 60 Prozent nach 30 Jahren erhöhen kann.

Photo: Better Energy

Foto: E. Goldberg