Mieten, kaufen, stromen

Für den eigenen Solarstrom braucht es kein Eigenheim - ein Balkon reicht meist schon aus. Ein Erfahrungsbericht auf dem Weg zum eigenen Solarstrom.
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3 Min.

Text: Barbara Meier, 03.05.2023

Zeitenwende, Energiekrise, Klimawandel – beim Blick auf die aktuelle Nachrichtenlage bekommt der Morgenkaffee einen bitteren Beigeschmack. Die neue Stromrechnung löst ebenfalls nichts Gutes erahnen. Als ich aus dem Fenster schaue und die rote Morgensonne erblicke, geht auch mir ein Licht auf: Solarstrom? Jetzt oder nie!

Doch wie komme ich am besten zu einer Solaranlage? Sollte ich
lieber selbst investieren oder mieten? Muss ich mein Mini­-Balkonkraftwerk irgendwo anmelden? Fragen über Fragen gestalten den Weg zur Antwort viel holpriger als anfangs gedacht.
Da ich eh schon am Laptop sitze, beginnt meine Suche im Internet.

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Ich bin elektrisiert und klicke eifrig weiter.

Licht am Ende der Suche

Nach einer Stunde Recherche kommt die erste wichtige Erkenntnis: Das Internet ist für den ersten Überblick ganz ok. Doch die Bandbreite
an Möglichkeiten * (Kasten), Sonnenstrom zu nutzen, ist so groß wie die Fülle on Anbietern.
Eine gute Orientierung bietet die Verbraucherzentrale, auch die Stiftung Warentest und Finanztip haben einen umfassenden
Ratgeber. Mit Fachzeitschriften wie dem PV-Magazin tauche ich in die technischen Details ein, bei SMA Solar Technology AG nutze ich einen kostenlosen Solar-Rechner.

Mein Infostand ist jetzt ziemlich hoch. Doch für mich erweist sich das Word Wide Web als Sackgasse. Ich hole mir noch einen Kaffee und schlage andere Wege ein.

Gefunden: Individuelle Beratung

Mit der zweiten Tasse kommt die zweite Erkenntnis: Ich brauch eine umfassende Beratung, die auf meine individuellen Anforderungen eingeht. Unter mehr als 10.000 Gebäudeenergieberatern in Deutschland werde ich schließlich fündig. Gestatten: Jürgen Beul, Gebäude-Energieberater aus Kassel. „Ein guter Berater berät Sie neutral und unabhängig zu verschiedenen Maßnahmen“, sagt der 54-jährige Elektrotechniker und lacht.

Zeit für Stufe Zwei; Ich will endlich erfahren, wie ich am besten den Sonnenstrom ins Haus bekomme! Jürgen bekommt all meine Fragen ab und liefert mir einen guten Überblick. Am Ende läuft alles nur noch auf eine Frage hinaus: Mieten oder kaufen?

Ein guter Berater berät Sie neutral und unabhängig zu verschiedenen Maßnahmen“

– Jürgen Beul, Gebäude-Energieberater aus Kassel

Mieten statt kaufen: Das Mietmodell im Überblick

Auf lange Sicht ist Kaufen viel wirtschaftlicher, doch die eigene Solaranlage ist eine große Investition. Viele Menschen ziehen eher Mieten in Betracht. Das Modell bietet vor allem Komfort, denn die Anbieter übernehmen Dinge wie Anmeldung, Installation und Instandhaltung der Anlage. Viele packen sogar eine Festpreisgarantie ins Angebot – ein gutes Fundament für Planungssicherheit.

Kaufen statt mieten: Das Kaufmodell im Überblick

Mit den Neuerungen zum Jahreswechsel (Kasten*) wird der Kauf einer PV-Anlage wieder attraktiver. 1800 € pro kWh netto – mehr sollte die Anlage nicht kosten. Je nach eigenem Stromverbrauch reicht eine PV-Anlage mit 6 bis 8 KW Leistung aus, um die Anschaffungskosten zwischen 10.000 und 15.000 € wett zu machen.

Je mehr Eigenverbrauch, desto schneller rentiert sich die Anlage. Wann sich eine Anlage amortisiert hat, hängt vom Anbieter ab – am besten innerhalb von 20 Jahren. Der ins Netz eingespeiste Strom bringt aktuell 8,2 Cent pro kWh, garantiert auf 20 Jahre. Genauso lang gilt meist auch die Garantie der Hersteller. Vor dem Kauf ist ein Blick ins Kleingedruckte Gold wert: Unter den Anbietern kann die Einschätzung des zukünftigen Strompreises stark variieren.

Mein Weg zum Strom-Guerilla

Was für eine Reise durch das Solarsystem! Mit Blick auf mein Info-Level bin ich mittlerweile mehr als satt. Erstmal auf den Balkon und die Sonne genießen. Hier passt auch ein kleines Balkonkraftwerk hin. Das hat eine Leistung von 300 bis 600 Watt und besteht üblicherweise aus einem oder zwei PV-Modulen. Dafür braucht Der Balkon lediglich eine normale Steckdose – Stecker rein und fertig. Anlagen unter 600 Watt Leistung muss ich nicht mal beim Netzbetreiber anmelden.

Wenn tagsüber die Sonne scheint, lade ich meine Elektrogeräte auf, mach die Waschmaschine an oder koche. Aufs Jahr spare ich damit 50 bis 100 € Stromkosten. Mit dem Wegfall der Umsatzsteuer Anfang des Jahres werden die Anlagen wieder günstiger. Eine Anlage mit 300 Watt kostet um die 600 € – eine Investition, die ich mir gerne leiste.

Ich weiß nun, dass ich ein Strom-Guerilla werden will – ganz wie Jürgen Beul. Er und seine Mitstreiter waren  mit ihrer DIY-Anlage 2013 wohl die ersten Strom-Guerillas in Kassel. Ich möchte es ähnlich machen und bestelle mir ein Mini-Balkonkraftwerk. „Bald bin ich die Herrin meines eigenen Sonnenstroms!“ denke ich mir, während ich auf dem Balkon stehe und mich in der roten Morgensonne aufwärme.

Sonnenstrom wird 2023 wieder interessanter – Die wichtigsten Neuerungen durch die jüngste EEG-Novellierung im Überblick

Für private Stromerzeuger wird Solarenergie wieder interessanter:

Höhere Einspeisevergütung: Anlagen zur Eigenversorgung erhalten 8,2 Cent pro kWh – bis zu einer Größe von 10 kWp. Bei größeren Anlagen ab 10 kWp sinkt es auf 7,1 Cent pro kWh. Anlagen, die voll ins Netz speisen, beziehen bis zu einer Größe von 10 kWp 13,0 Cent pro kWh. Größere Anlage ab 10 kWp hingegen 10,9 Cent pro kWp.

Vollständige Steuerbefreiung: Mit dem Jahreswechsel fielen zahlreiche bürokratische Hürden. So entfällt beim Kauf einer privaten PV-Anlage die Umsatzsteuer. Auch bei der monatlichen Einspeisevergütung gibt es keine Umsatzsteuer mehr – das gilt auch für Balkonkraftwerke. Zudem entfällt die Einkommenssteuer auf den ins Netz eingespeisten Strom für Anlagen bis zu 30 kWp Nennleistung.