Bildung dank Solarenergie

Wie nachhaltige Energien nachhaltig etwas bewirken können.
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UNICEF

Text: Felix Bürkle, 31.01.2023

Ein Brunnen ohne funktionierende Pumpe und Trinkwasseraufbereitung oder ein ganzes Dorf ohne eine einzige Lampe? Für viele Menschen ist dies Alltag, denn sie haben keinen sicheren Zugang zu Elektrizität. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung geht weltweit von über 700 Millionen Menschen ohne Strom aus – mit weitreichenden Folgen für deren Lebensqualität. Eine mögliche Lösung: Solaranlagen, die nachhaltigen und kostengünstigen Strom liefern. SONNENALLEE stellt Projekte vor, die zeigen, wie Technik und Teamgeist Großes bewirken können.

Solarenergie als Lichtblick

Viele Industrienationen greifen bei der Stromversorgung auf in Jahrzehnten geschaffene und ausgebaute Infrastrukturen zurück. Kraftwerke, ein breites und verbundenes Netz an Stromtrassen sowie ein Handel mit Nachbarstaaten – all dies trägt zu Sicherheit und Flexibilität bei. Doch in Regionen, die bisher nicht Teil dieser Strukturen waren, beispielsweise auf dem afrikanischen Kontinent, gestaltet sich der Aufbau einer Stromversorgung umso schwerer.

Abhilfe können hier dezentrale Lösungen schaffen, also Energiesysteme, die lokal in sich geschlossen funktionieren und dabei möglichst unabhängig von externen Faktoren Strom produzieren. Das wohl populärste und effizienteste Beispiel: die Solarenergie. Denn sie ist nicht nur weltweit zuverlässig verfügbar, sondern mit modernster Technik inzwischen schnell, einfach und preiswert zu nutzen.

Eine Herausforderung besteht darin, die Technologie an entsprechender Stelle zu installieren und ihren langfristigen Betrieb sicherzustellen. Hierfür braucht es nicht nur Material, sondern auch geschultes Personal. Die folgenden Projekte zeigen, wie dies gelingen kann und was zuverlässige Energieversorgung auch für bessere Bildung bewirken kann.

Sauberes Wasser für Schulen

Ob auf die Toilette gehen, einen Schluck trinken oder Essen kochen: Ohne Wasser sind viele Grundbedürfnisse des Menschen nicht unter hygienischen Bedingungen zu stillen. Ein Ort, an dem dies besondere Folgen hat, sind Schulen. Statt in Ruhe und Sicherheit für eine gute Zukunft zu lernen, leiden viele Kinder weltweit unter krankmachenden Bedingungen im Klassenzimmer. Sie müssen ihre eigenen Wasserflaschen von ihrem oft viele Kilometer entfernten Zuhause mitschleppen oder verdreckte Sanitäranlagen nutzen, die Infektionskrankheiten fördern und den Schulbesuch zur Gefahr machen. Eine zuverlässige Trinkwasserversorgung könnte hier Abhilfe schaffen – doch für diese benötigt man auch Strom, um Brunnenpumpen zu betreiben und somit auch Wasser aus dem Wasserhahn zu ermöglichen. Eine Gruppe von Freiwilligen nimmt sich dieser Herausforderung mit beeindruckendem Engagement an.

Die „Elektriker ohne Grenzen“ sind ein Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Entwicklungszusammenarbeit in den ärmsten Regionen der Welt durch eine nachhaltige Stromversorgung zu fördern. Und das auf Basis erneuerbarer Energien. Teil ihres Konzepts ist nicht nur die einmalige Hilfe beim Aufbau entsprechender Strukturen, sondern auch die Ausbildung der Menschen vor Ort, damit sie ihre Versorgung langfristig selbstständig garantieren können. „Wir wollen mit unserem Engagement gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen anstoßen“, erklärt Sylvain Volpp, Gründer und Vorstandsvorsitzender des Vereins. 2021 zeigte sich bei einem Einsatz in Gambia, welch elementaren Beitrag diese Arbeit leisten kann.

Vier Schulen sollte eine stabile und saubere Wasserversorgung ermöglicht werden. Gemeinsam mit einem lokalen Unternehmen bohrte der Verein dazu für die Schulen bis zu 30 m tiefe Brunnen und stattete diese mit elektrischen Wasserpumpen aus. Deren Stromversorgung übernimmt eine Solaranlage, was den Betrieb des Brunnens besonders nachhaltig macht. So konnte die Wasserversorgung für die Klassenzimmer, die sanitären Anlagen und für die Küchen gesichert werden. „Unser Projektziel ist nicht Strom. Er ist das Mittel zum Zweck“, betont Volpp.

Licht für ein Krankenhaus

Stellen Sie sich vor, Sie müssten abends in ein Krankenhaus, aber aufgrund des mangelnden Stroms ist es dort dunkel und das Personal kann die medizinischen Geräte nicht nutzen, um Ihnen zu helfen.

In einem medizinischen Zentrum im gambischen Wellingara, nah der vorher genannten unterstützten Schulen, bot sich eben dieses Bild. Mangels einer sicheren Stromversorgung standen die Menschen abends und nachts oft im Dunkeln. Eine gute medizinische Versorgung konnte über viele Stunden nicht mehr gewährleistet werden – im Notfall, z.B. bei Entbindung in der Nacht, eine fatale Situation.

Die ehrenamtlichen Elektriker:innen installierten eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher, die in der sonnenreichen Region nun eine dauerhafte und unabhängige Stromversorgung garantiert. Sogar moderne technische Geräte konnte das Krankenhaus jetzt schaffen – undenkbar ohne gesicherte Stromversorgung und eine große Erleichterung für das Personal und die Patient:innen vor Ort.

Volpp von den Elektrikern ohne Grenzen ergänzt, dass der Verein zwar ehrenamtlich organisiert sei, jedoch aus erfahrenen Profis bestehe, Experten und Expertinnen für Elektrizität und Energiesystemen. So sei Professionalität und Sicherheit stets garantiert. „Bei einem anderen Projekt in Vietnam haben Kinder durch uns das erste Mal ein Licht auf Knopfdruck erlebt. Das Leuchten in den Augen der Kinder zu sehen, das macht schon was mit einem“, beschreibt Volpp.

Sägen, Löten und Nähen dank Sonnenenergie

Bildung ist mehr als Schulunterricht, nämlich auch Berufsausbildung. Gerade in weniger industriell geprägten Ländern bilden handwerkliche Tätigkeiten einen zentralen Teil der Wirtschaftsleistung und sind darüber hinaus im alltäglichen Leben von elementarer Bedeutung. Doch auch hier wird der Strommangel oft zum Hindernis – und Solarenergie erneut zur einfachen und effizienten Lösung.

Der Kassler Verein „TOGETHER – Hilfe für Uganda“, in dem Dennis Halpape, Projektmanager bei der SMA Solar Technologie AG, ehrenamtlich engagiert ist, hat sich zu diesem Zweck auf den Zugang zu sauberem und sicherem Strom spezialisiert (SONNENALLEE berichtete). In zwei Berufsschulen der Regionen Kooki und Buryansungwe konnte TOGETHER dazu beitragen, das Bildungsangebot zu verbessern.

Der Verein installierte eine Photovoltaikanlage inklusive Stromspeicher, was den Schulen auf vielfältige Weise weiterhalf. Einerseits sind sie nun erstmals zuverlässig mit Strom versorgt und können den Einsatz von technischen Geräten zu den Unterrichtszeiten garantieren. Und dank der Speicherlösung steht nun auch in den Abend- und Nachtstunden immer genug Energie zur Verfügung, was den Schulen mehr Flexibilität bei der Unterrichtsgestaltung gibt. „Der Zugang zu Strom bedeutet für die Menschen vor Ort, dass das Leben nicht mehr nach Sonnenuntergang heruntergefahren wird“, erklärt Halpape.

Aber nicht nur klassischer Schulunterricht wird so unterschützt: Die von der befreundeten Hilfsorganisation „Eine Chance für Kinder“ betreute Einrichtung in Kooki besitzt unter anderem eine Näherei, eine Metallwerkstatt und eine Schulwerkstatt. Hier erhalten junge Menschen eine zweijährige Berufsausbildung, unter anderem zum Elektroniker oder Installateur, die im Anschluss dabei hilft, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen – ein weiterer Aspekt von Nachhaltigkeit.

„Wir hoffen, dass wir der Berufsschule mit unserem Einsatz helfen konnten und sich der Alltag jetzt etwas einfacher gestaltet. Dass wir mit unserer Technik an solch lebensnotwendigen und damit vitalen Punkte mithelfen durften, ist ein wahnsinnig tolles Gefühl”, erläutert Halpape.

Solar Mamas – Powerfrauen

Die Rolle der Frauen für den wirtschaftlichen Fortschritt in Schwellenländern ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen und rückte vor allem in den letzten zehn Jahren stärker in den Fokus. Studien der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sowie von Unternehmensberatungen wie McKinsey ermittelten, dass Frauen weltweit etwa 90 Prozent der Haus- und Erziehungsarbeit unbezahlt leisten. Würde man die Frauen bezahlen, entspräche ihre Arbeitsleistung in Nicht-Industrienationen oft größeren Wirtschaftskräften, als die eigentlichen Ökonomien der Länder aufweisen.

Aber nicht nur klassischer Schulunterricht wird so unterschützt: Die von der befreundeten Hilfsorganisation „Eine Chance für Kinder“ betreute Einrichtung in Kooki besitzt unter anderem eine Näherei, eine Metallwerkstatt und eine Schulwerkstatt. Hier erhalten junge Menschen eine zweijährige Berufsausbildung, unter anderem zum Elektroniker oder Installateur, die im Anschluss dabei hilft, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen – ein weiterer Aspekt von Nachhaltigkeit.

Eine wichtige Ressource wird beim Wandel hin zu erneuerbaren Energien oft übersehen: Geschulte Fachkräfte, die die Photovoltaikanlagen installieren und deren laufenden Betrieb sicherstellen. Doch wie gelingt dies in Regionen mit eingeschränktem Zugang zu Bildung? Und wer könnte die Aufgaben übernehmen?

Das Projekt „Solar Mamas“ des Barefoot College knüpft an das von Forschenden erkannte Potenzial von arbeitslosen Frauen an und bildet sie zu sogenannten „Solar Engineers“ aus, also befähigt sie, die Technik zur Produktion und Speicherung von Solarstrom zu installieren. Damit werden sie laut der Initiative zu „catalysts for change“ – und diese Bezeichnung ist keinesfalls zu hoch gegriffen. Das Projekt gibt es inzwischen in 93 Ländern. Über 3.000 Frauen wurden bereits ausgebildet und verhalfen mehr als 125.000 Haushalten zu einer Stromversorgung.

Barefoot College
Ich habe immer von einer Welt geträumt, in der Frauen die Freiheit haben, etwas zu lernen.“ Teilnehmerin aus Ruanda

Hürden nehmen und Wissen weitergeben

Wie bildet man Menschen für die Installation von Energietechnik aus, die weder Lesen noch Schreiben können oder technische Grundkenntnisse besitzen? Das Barefoot College begegnet dieser Herausforderung mit einem Konzept namens „demystifying the technology“.

Dieses basiert im Wesentlichen auf Farbcodes und Zeichensprache, also universell verständlichen Elementen. Dabei werden beispielsweise Pläne zu elektrischen Schaltkreisen und die dazugehörigen Bauteile so farblich markiert, dass man sie nur noch zusammenstecken muss. Ein tieferes Verständnis der Technologie ist dabei zu Beginn nicht nötig, wird jedoch gefördert und steigert die Neugier der Frauen, sich tiefer mit der Materie auseinanderzusetzen. Im September 2022 startete eine neue Gruppe indischer Frauen, die anschließend über 700 Haushalte in ihren Heimatregionen versorgen soll.

Das Projekt setzt bewusst auf den schnellen praktischen Bezug, um die Teilnehmerinnen nicht durch zu theoretische und für viele unverständliche Inhalte zu verlieren. Außerdem werden die Solar Mamas so auch auf ihre zweite wichtige Aufgabe ideal vorbereitet: in ihren Heimatregionen andere Frauen auszubilden. Warum sich das Projekt auf Frauen fokussiert? „Gerade ältere Frauen sind in ihren Dörfern sehr verwurzelt und wollen etwas zurückgeben“, berichtet der Mitbegründer des Barefoot College Sanjit Roy. Männer hingegen seien oft mit den Zertifikaten in die Städte geflüchtet und hätten sich ein neues Leben aufgebaut.

Die Solar Mamas jedoch können in ihren Heimatregionen zu wertvollen Katalysatoren werden, weitere Personen ausbilden und so immer mehr Menschen eine sichere Stromversorgung ermöglichen.

Gut versorgt in die Zukunft

Die vorgestellten Projekte zeigten eindrücklich, welchen massiven Einfluss Strommangel auf die Bildung und damit die gesamte Zukunft von Menschen haben kann. Ohne Strom sinken die Chancen, eine Schul- oder Berufsausbildung zu erhalten. Doch auch wesentliche Dinge wie Beleuchtung, medizinische Versorgung, sanitäre Anlagen oder Ernährung hängen maßgeblich mit einer zuverlässigen Stromversorgung zusammen.

Solarenergie kann die Lösung zu diesem komplexen Problem sein. Wenngleich sie nicht jeden politischen, gesellschaftlichen oder politischen Faktor ausschließen kann, ist Solarenergie mit punktueller Hilfe jedoch ein schneller und einfacher Weg, den Lebensstandard weltweit zu steigern.

Wir danken dem Verein Elektriker ohne Grenzen für die Einblicke in dessen Arbeit. Mehr Informationen zu den Ehrenamtlichen, ihren Projekten und Möglichkeiten zur Unterstützung erhalten Sie unter www.elektriker-ohne-grenzen.de