Vom Neustart der PV-Pioniere
Seine erste Photovoltaikanlage wurde Kurt Stenzel noch als Bausatz geliefert. Der Elektroingenieur gehörte zu den Ersten, die eine Photovoltaikanlage auf ihrem Dach hatten. 2020 suchte SMA im Wettbewerb #PVPioneer solche mutigen Menschen, die damals mit der noch neuen Technologie die ersten, wichtigen Schritte zur Energiewende wagten. Zwei von ihnen hat SONNENALLEE für diesen Beitrag interviewt. Dabei interessierte uns besonders: Wie reagieren PV-Pioniere, wenn nach zwanzig Jahren Förderung das Einspeisen plötzlich die unattraktivste Möglichkeit ist? Wohin mit dem Strom? Aufrüsten mit neuster Technik, also Repowering, den Strom selbst verbrauchen oder doch einfach weiterlaufen lassen?
Freitagnacht. Wir schreiben den 31. Dezember 2020. Was nur wenigen in diesen letzten Stunden des Jahres bewusst ist, Punkt Mitternacht fallen die ersten Solaranlagen aus der Förderung durch das Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG). Was mit diesen Anlagen genau passieren wird, ist vielen Besitzern zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Denn die Politik hat lange mit einer Entscheidung auf sich warten lassen: Erst zwei Wochen vor Jahresende hat die damalige CDU-/SPD-Regierung die Bedingungen für die Fortführung definiert.
Selbst Anlagen, die schon vor 2000 am Netz waren, wurden bis zu diesem Zeitpunkt gefördert. So auch die unserer beiden Gesprächspartner: Kurt Stenzel, ein photovoltaikbegeisterter Elektroingenieur, und Andreas Bäder, Mitinhaber eines Handwerksbetriebs im Bereich Photovoltaik.
Zwei Photovoltaik-Fans – ein Startpunkt: 1998
Sowohl Andreas Bäder als auch Kurt Stenzel installierten unabhängig voneinander 1998 ihre erste Photovoltaikanlage. In den Folgejahren erweiterten sie ihre PV-Kapazitäten und verfügen inzwischen beide über einen Batteriespeicher, um möglichst viel des Solarertrags selbst nutzen zu können.
Wie PV-Pioniere mit dem Förderende umgehen
SONNENALLEE:
Herr Bäder, Herr Stenzel, die Förderung für Ihre ersten Photovoltaikanlage ist seit Ende 2020 ausgelaufen. Wie geht es Ihren Erst-Anlagen?
Kurt Stenzel:
Überraschend gut. Von den Leistungseinbußen, vor denen die Hersteller damals warnten, habe ich über die Jahre eigentlich nichts gespürt. Durch Wetterschwankungen ist es natürlich schwer zu beurteilen, aber ich würde behaupten meine Solarernte ist nahezu genauso hoch, wie bei der Installation 1998. Mit heutiger Technik könnte ich auf der Dachfläche allerdings fast die dreifache Energiemenge erzeugen.
SONNENALLEE:
Herr Bäder, auch ihre Photovoltaikanlage lieferte bis zum Schluss noch exzellente Werte. Welche Überlegungen führten dazu, sie durch eine neue zu ersetzen?
Andreas Bäder:
Bei uns standen sowieso einige Sanierungsarbeiten an als die Förderung auslief, das ließ sich dann ausgezeichnet mit dem Repowering der Anlage verbinden. Hinzu kommt unser relativ hoher Stromverbrauch, den ich natürlich gerne über Photovoltaik decken möchte.
Bei einem Nachbarn und unserem ersten Photovoltaikkunden läuft die Anlage aus dem Jahre 1998 übrigens weiter. Der Grund: Die neuen Module sind zwar deutlich leistungsstärker, aber auch größer. Dadurch kann die Dachfläche nicht mehr so effizient ausgenutzt werden. Unterm Strich hätte die neue Photovoltaikanlage für ihn keine nennenswerte Ertragssteigerung gebracht.
Kurt Stenzel:
Ich warte mit dem Repowering noch bis ich absehen kann, wie sich der Energiebedarf durch unser neues Elektroauto verändert. Bis dahin bleiben die alten Module noch auf dem Dach. Ein Angebot für die neue Photovoltaikanlage liegt allerdings bereits bei mir in der Schublade.
EEG-Förderung läuft aus – und jetzt?
Mit jedem Jahreswechsel fallen mehr Photovoltaikanlagen aus der EEG-Förderung – und damit stehen bald auch nicht mehr nur PV-Pioniere vor der Frage: Wie geht es weiter mit meiner privaten Energiewende. Mit dem Ende der Förderung bietet das EEG21 den Besitzern von Photovoltaikanlagen verschiedene Optionen:
Auch eine Option: nichts ändern
Es ist die einfachste aller Möglichkeiten. Die Photovoltaikanlage wird wie gewohnt weiter betrieben. Das heißt der komplette Solarstrom wird ins Netz eingespeist. Diese Option garantiert das EEG21 mindestens bis zum Jahr 2027. Die Vergütung richtet sich allerdings nach dem an der Börse ermittelten Jahresmarktwert für Photovoltaikstrom. 2020 lag der Preis bei knapp 2,5 ct/kWh. Davon zieht der Netzbetreiber noch die Vermarktungskosten ab – 2020 waren das 0,4 ct. Ein Jahr später war die Situation allerdings eine ganz andere: Der Jahresmarktwert verdreifachte sich und lag nun bei etwas mehr als 7,5 ct. Das ist ein Rekordwert, der sogar die Förderung von Neuanlagen übersteigt. Aber dennoch ist es nur ein Bruchteil des Preises, den man als Verbraucher für eine Kilowattstunde an seinen Energieversorger zahlt.
Solarstrom selbst zu nutzen, spart am meisten
Deshalb gehört die folgende Option zu den beliebtesten: Möglichst viel des produzierten Stroms einfach selbst zu nutzen. Solange die Leistung der Solaranlage unter 30 kWp liegt und der Eigenverbrauch 30 MWh nicht übersteigt muss auch keine EEG-Abgabe mehr auf den selbst verbrauchten Strom gezahlt werden. Allerdings sollte die Anlage von geschultem Fachpersonal entsprechend modifiziert werden. Eine Konstellation, für die sich auch der erste Photovoltaik-Kunde von Herrn Bäder entschieden hat. Er nutzt den Strom seiner 24 Jahre alten Photovoltaikanlage jetzt zum Großteil selbst, um die eigene Stromrechnung niedrig zu halten.
Wer bietet mehr? Höhere Preise durch Direktvermarktung?
Immer wieder hört man von der Möglichkeit den Strom zu höheren Preisen selbst zu verkaufen, zum Beispiel an Ökostromanbieter. Der größte, unabhängige Ökostromanbieter Naturstrom bietet die Möglichkeit nicht. Pressesprecher Tim Loppe begründet das so: „Diese Pionieranlagen verfügen ja über eine sehr geringe Leistung, zudem ist es sinnvoll, nach Auslaufen der Einspeisevergütung so viel selbst erzeugten Strom wie möglich auch selbst im Haus zu verbrauchen. Es bleiben also nur noch minimale Reststrommengen zur Einspeisung ins öffentliche Netz übrig, für die lohnt sich keine Weitervermarktung als Ökostrom.“
Repowering: Volle Kraft in die Modernisierung
Wer von den Fortschritten aus mehr als zwei Dekaden technischer Entwicklung profitieren will, entscheidet sich für Repowering. Der Begriff „Repowering“ bedeutet die Effizienz einer bestehenden, stromproduzierenden Anlage durch Modernisierung zu steigern. Bei Photovoltaik heißt das zum Beispiel: Es werden schwächelnde Module oder ein defekter Wechselrichter getauscht. Es kann aber auch bedeuten, den Eigenstromverbrauch zu optimieren. Zum Beispiel durch die Installation eines SMA Sunny Home Manager 2.0, des Einbaus von Speichertechnik oder Integration eines E-Autos in das neue Konzept. Während der Sunny Home Manager Geräte im Haushalt so steuert, dass möglichst viel des eigenen Solarstroms genutzt wird, lassen sich mit einem E-Auto oder einem Batteriespeicher Verbräuche auch in andere Zeiten verschieben. Lesenswert in dem Zusammenhang ist auch unser „Wallbox Guide“.
Repowering – was geht?
Bei vielen der über 20 Jahre alten Anlagen wird Repowering jedoch darauf hinauslaufen, dass alle Komponenten getauscht werden. Für die Stromernte bedeutet das auf gleicher Dachfläche durchschnittlich eine Verdoppelung. Dadurch wird die Frage noch drängender: Wohin mit dem Strom.
Denn trotz neuer Förderung, der Eigenverbrauch wird auch in Zukunft die rentabelste Option bleiben. Mit der richtigen Infrastruktur aus modernem Wechselrichter, SMA Sunny Home Manager 2.0, einem Batterie-Wechselrichter wie SMA Sunny Island und Energiespeichern lassen sich bis zu 80 % des erzeugten Stromes selbst verwerten. Denn mit der richtigen Infrastruktur nutzt man auch in dunkelster Nacht noch seinen Solarstrom. Ein ganz besonderes Gefühl. Eine grafische Übersicht der Optionen findet man direkt bei SMA unter https://www.sma.de/post-eeg.html.
Besser speichern statt einspeisen
Für beide PV-Pioniere ist Repowering ein fließender Prozess. Über die Jahre haben sie ihre Anlagen erweitert und mit einem Stromspeicher versehen. „Wirklich rentabel war die Investition in einen Stromspeicher 2018 noch nicht. Dafür waren die Preise zu hoch“, erläutert Kurt Stenzel. „Aber wir konnten uns so schon im ersten Jahr zu fast 80% selbst versorgen – ohne Speicher wären es keine 30% gewesen“, berichtet der Rentner begeistert.
Tipps, um mehr Strom selbst zu nutzen
So sieht das auch Andreas Bäder, aber der Unternehmer hat noch einen weiteren Trick. Er nutzt die heute verfügbaren Steuerungsmöglichkeiten:
„Bei uns geht der aktuell nicht benötigte Solarstrom automatisch zu einem eigenen Heizstab in unserem Warmwasserspeicher. Erst, wenn das Wasser dort heiß genug ist, lädt der Strom unseren 7,5 kW Stromspeicher im Keller oder unser E-Auto. So durchläuft der Solarstrom praktisch eine Kaskade von Abnehmern, bevor ein geringer Reststrom ins Netz gespeist wird.“ Den Trick mit dem Heizstab empfiehlt der 64jährige auch seinen Kunden: „Fast jeder moderne Pufferspeicher verfügt heute über die Möglichkeit einen zweiten Heizstab anzuschließen. Dieser kann dann bei überschüssigem Solarstrom direkt angesteuert werden. Das ist allemal günstiger als parallel eine Solarthermieanlage auf dem Dach zu installieren und man kann die freie Fläche nutzen, um die PV-Kapazitäten zu erhöhen,“ erläutert der sympathische Unternehmer.
Frischer Schwung für die Energiewende von unten
Doch auch unabhängig von Repowering-Maßnahmen wächst gerade die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen. Das beobachtet Andreas Bäder schon länger: „Mit Fridays for Future ist das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Erneuerbaren Energien deutlich gestiegen.“ Ähnliches berichtete uns PV-Pionier Wilhelm Heisse aus Landsberg am Lech. So begründete der Geschäftsführer der Heisse Solar seine Absage für ein Interviews mit der hohen Arbeitsbelastung: „In gut zwei Monaten haben wir als kleine Fachfirma neunzig Anfragen für Photovoltaik-Projekte bekommen.“ So erhält die Energiewende frischen Schwung, der ganz konkret bei den Firmen vor Ort ankommt – auch von Menschen, die nicht zu den PV-Pionieren gehören.
Nachtrag: Der Krieg in der Ukraine könnte dieser Entwicklung weiteren Schwung verleihen. Denn nicht nur an den Tankstellen, auch an den Strombörsen wird Energie immer teurer. Laut des Portals Finanztip waren die „Preise an der Strombörse (…) im März 2022 rund achtmal so hoch wie im März 2021.“ Ein weiterer, guter Grund endlich die heimischen Energiequellen auf dem eigenen Dach zu erschließen.